Mein Versuch auf Amazon zu verzichten. Und welche Alternativen es gibt. | 10.01.2021
Ich bin seit vielen Jahren Kunde bei Amazon. In dieser Zeit habe ich wirklich eine Menge Dinge dort gekauft. Entweder direkt bei Amazon oder über einen Händler, der bei Amazon auf dem Marketplace aktiv ist. Waren es im Jahr 2008 noch vier Bestellungen, lag ich im Jahr 2020 bei insgesamt 281 Einkäufen. Und da geht es nicht um Artikel, sondern um einen reinen Einkaufsvorgang mit mehreren Artikeln.
Ein paar Bewerbungsbücher und ein Handy! 2008 war ein klasse Jahr für mich.
Waren es in den "Anfangsjahren" noch Dinge, die ich wirklich benötigte, kaufte ich im Jahr 2020 schon viel Blödsinn. Irgendwann war der Punkt erreicht, dass ich selbst Kleinigkeiten und Dinge des täglichen Bedarfs bei Amazon bestellte. Ich bin ganz ehrlich: Heute etwas bestellt und es morgen oder spätestens übermorgen schon im Briefkasten zu haben - ein Traum! Spätestens mit der Einführung der DHL Packstationen und den Amazon Packstationen wurde ich zu einem Amazon-Opfer.
Natürlich war mir immer bewusst, dass Amazon ein Unternehmen ist, das sehr stark auf Profit achtet und andere Mitbewerber verdrängt. Ich wusste nicht zuletzt auch dank investigativer Journalist:innen, dass bei Amazon vieles im Argen liegt. Spätestens durch die Dokumentation von Mirko ("Dokumentation von MrWissen2go auf Youtube") betrachtete ich Amazon kritisch. Es änderte aber nichts an meinem Konsumverhalten. Und dafür gab es drei wesentliche Gründe:
Irgendwann begann das Jahr 2020. Und dann kam irgendwann Corona. Wie vielen anderen wurde ich durch die Pandemie zwangsläufig dazu "gezwungen" mehr Zeit in den heimischen vier Wänden zu verbringen. Und dies hatte zur Folge, dass ich mehr Zeit im Internet und mehr Zeit beim Online-Shopping verbrachte. Seit vielen Jahren war ich Mitglied bei der Plattform MyDealz. MyDealz ist eine "Deal-Sharing-Community" ("Was MyDealz über sich selber sagt"). D.h. hier könnten Nutzer:innen Angebote, ganz gleich ob offline oder online, veröffentlichen. Früher nutzte ich dies besonders dann, wenn ich nach Angeboten für spezielle Dinge suchte. Brauchte ich ein Fahrrad, schaute ich zuerst bei MyDealz vorbei, ob es da ein Angebot gab. Meistens war dies der Fall. Und im Jahr 2020 fiel mir dann irgendwann auch mal auf, dass es fast nur noch Deals von Amazon waren, die am Ende einer solchen Recherche standen.
Im März gab es dann die ersten Berichte darüber, wie erfolgreich Amazon wirklich ist bzw. wie viel erfolgreicher Amazon dank Corona wurde.
Der erfolgreiche Jeff von Amazon (Quelle n-tv.de)
Bei n-tv schrieb zum Beispiel Wolfram Weimer, dass die "[...] Geschäfte boomen wie noch nie, [und] das Unternehmen will auf einen Schlag 100.000 neue Mitarbeiter einstellen [...]". Zu dieser Erfolgsmeldung gehörte aber auch die ganz wesentliche Information, dass Jeff Bezos "[...] in nicht einmal zwei Wochen um gut 10 Milliarden Euro reicher geworden [ist]. Kein Mensch auf der Welt hat mehr vom Coronavirus profitiert als der ohnedies reichste Mann der Welt. [...]".
Auch wenn sich das in der Zwischenzeit (Stand 01/2021) wieder geändert hat ("Reicher als Jeff Bezos ist nur Elon Musk"), kann konstatiert werden, dass Bezos jede Menge Geld hat und Corona ihm nicht schadete. Anderen dagegen schon: Mitarbeiter:innen und Lieferant:innen mussten dem Druck, der durch Amazon auf sie ausgeübt wurde, nun auch vor dem Hintergrund von Corona standhalten. Lächerlich wurde es dann, als Bezos den Amazon Relief Fund ("Amazon Hilfe Stiftung") initiierte. Denn der reichste Mann der Welt bat doch tatsächlich die eigenen Mitarbeiter:innen um Spenden!
Bei Snopes ("Artikel über den peinlichen Spendenraufruf") ist wunderbar zusammengetragen, was genau eigentlich passiert war. Mich brachte diese Geschichte dann tatsächlich zum Umdenken. Ich konnte es nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren, dass in einer so schweren Zeit so wenig Menschlichkeit in einem so mächtigen und potenten Unternehmen gelebt wurde.
Eventuell ist es noch interessant anzumerken, dass ich einige Freunde habe, die bei Amazon arbeiten. Allerdings in leitender Position. Und ja, wer gut qualifiziert ist, hat bei Amazon unglaublich tolle Aufstiegschancen. Am Ende geht dies aber auf die Kosten der Schwachen und Unqualifizierten, die oft in einem Kreislauf feststecken, aus dem sie nicht mehr herauskommen. Ich bin überzeugt davon, dass alles, was an Amazon toll ist (egal ob für Kunden:innen oder Mitarbeiter:innen), nur möglich ist, weil es viele Menschen gibt, die durch Amazon mehr oder weniger in prekären Beschäftigungsverhältnissen stecken und für einen Apfel und ein Ei schuften.
Die Motivation war also da. Und sie war dieses Mal ausreichend groß, dass ich versuchte ein bisschen weniger Scheiße zu sein, wenn ich im Internet auf Shoppingtour ging. Ganz auf das Einkaufserlebnis, im Internet zu verzichten, funktioniert leider nicht. Natürlich wäre es grundsätzlich besser vor Ort in Geschäften einzukaufen. Aber folgende Probleme habe ich:
Was bleibt mir also am Ende des Tages? Eigentlich nur zu versuchen in den richtigen Augenblicken die richtige Entscheidung zu treffen. Dies bedeutet für mich, dass ich bei Dingen, bei denen ich denke, dass es diese im lokalen/regionalen Einzelhandel gibt, auch dort kaufe. Und dabei zahle ich halt darauf. Ich investiere Zeit (im besten Fall kann ich mit dem Fahrrad fahren, im schlechtesten muss ich das Auto nehmen) und Geld, habe aber das Gefühl ein bisschen besser zu sein als früher. Wenn aber die Mehrkosten (besonders wenn der Preis weit jenseits der 30 Prozent liegt) zu hoch sind, schaue ich mich online um.
Und wenn ich heute online shoppe, dann versuche ich auf folgende Dinge zu achten:
Und jetzt zum praktischen Teil. Wenn ich etwas brauchte, dann muss ich länger suchen. Folgende Tipps habe ich, damit trotz Amazon-Boykott ein guter Preis am Ende steht.
Welche Hose soll es sein? Google hilft da schon sehr gut weiter.
Am Anfang steht natürlich immer die Frage der Nachhaltigkeit! Und da ist es absolut wesentlich zu entscheiden, ob es überhaupt ein Neukauf sein muss. Wenn es auch gebraucht sein darf, dann schaue ich immer zuerst bei Ebay-Kleinanzeigen und eBay vorbei. Wenn es neu sein muss (oder sich bei Ebay-Kleinanzeigen und eBay nicht finden lässt), geht das Shopping weiter.
Als Nächstes das geeignete Produkt finden. Kaufe ich ein ganz bestimmtes Produkt? Sagen wir mal Adapter für eine technische Anlage? Oder ist es ein generelles Produkt wie eine Hose? Davon hängt ab, was und wo ich suche. Wenn ich nicht genau weiß, was ich will, dann nutze ich Google Shopping um zum perfekten Produkt zu gelangen. Bei der Hose würde ich Schlagwörter wie "hose fairtrade co2 neutral" eingeben und mir die Ergebnisse anschauen.
Irgendwann habe ich dann ein Produkt gefunden, das ich haben will. Dann schau ich noch einmal kurz beim Google Preisvergleich vorbei.
Ab zum Preisvergleich
Dort kann ich mich dann durch einige Websites klicken. Eventuell ist ja ein lokaler Einzelhändler aus meiner Umgebung dabei. Wenn nicht, lässt sich vermutlich ein Anbieter aus Deutschland finden.
Zusätzlich schaue ich noch bei einer Meta-Preisvergleichssuchmaschine ("Meta-Preisvergleich Suchmaschine durchsucht viele Preisvergleichswebsites") vorbei. Manchmal kommt dabei auch noch ein besserer Preis bei rum oder ich finde einen besseren Anbieter.
Es ist zu beachten, dass weder Google-Shopping noch Preisvergleichsportale immer alle Websites finden oder auflisten. Und nicht jeder Eintrag dort ist auch seriös. Manche Website ist auch nur Abzocke. Wer sich aber ein wenig mit den Preisen beschäftigt, wird schnell die schwarzen Schafe erkennen lernen.
Eigentlich wollte ich nur loswerden, dass ich seit fast 2 Monaten nicht mehr bei Amazon eingekauft habe. Auch die Weihnachtsgeschenke sind anderswo erworben worden. Ob ich die Welt besser gemacht habe? Eher nicht. Aber ich hab es zumindest versucht.